Tannhäuser. Erster Aufzug

Tannhäuser
Erster Aufzug

Erste Szene
Die Bühne stellt das Innere des Venusberges [Hörselberges bei Eisenach] dar. Weite Grotte, welche sich im Hintergrunde durch eine Biegung nach rechts wie unabsehbar dahin zieht. Aus einer zerklüfteten Öffnung, durch welche mattes Tageslicht hereinscheint, stürzt sich die Höhe der Grotte entlang ein grünlicher Wasserfall herab, wild über Gestein schäumend; aus dem Becken, welches das Wasser auffängt, fließt nach dem ferneren Hintergrunde der Bach hin, welcher dort sich zu einem See sammelt, in welchem man die Gestalten badender Najaden, und an dessen Ufern gelagerte Sirenen gewahrt. Zu beiden
Seiten der Grotte Felsenvorsprünge von unregelmäßiger Form, mit wunderbaren, korallenartigen tropischen Gewächsen bewachsen. Vor einer nach links aufwärts sich dehnenden Grottenöffnung, aus welcher ein zarter, rosiger Dämmer herausscheint, liegt im Vordergrunde Venus auf einem reichen Lager, vor ihr das Haupt in ihrem Schoße, die Harfe zur Seite, Tannhäuser halb kniend. Das Lager umgeben, in reizender Verschlingung gelagert, die drei Grazien. Zur Seite und hinter dem Lager zahlreiche schlafende Amoretten, wild über und neben einander gelagert, einen verworrenen Knäuel bildend, wie Kinder, die, von einer Balgerei ermattet, eingeschlafen sind. Der ganze Vordergrund ist von einem zauberhaften, von unten her dringenden, rötlichen Lichte beleuchtet, durch welches das Smaragdgrün des Wasserfalles, mit dem Weiß seiner schäumenden Wellen, stark durchbricht; der ferne Hintergrund mit den Seeufern ist von einem verklärt baluen Dufte mondscheinartig erhellt.

Beim Aufzuge des Vorhanges sind, auf den erhöhten Vorsprüngen, bei Bechern noch die Jünglinge gelagert, welche jetzt sofort den verlockenden Winken der Nymphen folgen, und zu diesen hinabeilen; die Nymphen hatten um das schäumende Bekken des Wasserfalles den auffordernden Reigen begonnen, welcher die Jünglinge zu ihnen führen sollte; die Paare finden und mischen sich; Suchen, Fliehen und reizendes Nekken beleben den Tanz. Aus dem ferneren Hintergrunde naht ein Zug von Bacchantinnen, welcher durch die Reihen der liebenden Paare, zu wilder Lust auffordernd, daherbraust. Durch Gebärden begeisterter Trunkenheit reißen die Bacchantinnen die Liebenden zu wachsender Ausgelassenheit hin. Satyre und Faune sind aus den Klüften erschienen, und drängen sich zur höchsten Wut. Hier, beim Ausbruche der höchsten Raserei, erheben sich entsetzt die drei Grazien. Sie suchen den Wütenden Einhalt zu tun und sie zu entfernen. Machtlos fürchten sie selbst mit fortgerissen zu werden: sie wenden sich zu den schlafenden Amoretten, rütteln sie auf, und jagen sie in die Höhe. Diese flattern wie eine Schar Vögel aufwärts auseinander, nehmen in der Höhe, wie in Schlachtordnung, den ganzen Raum der Höhle ein, und schießen von da herab einen unaufhörlichen Hagel von Pfeilen auf das Getümmel in der Tiefe. Die Verwundeten, von mächtigem Liebessehnen ergriffen, lassen vom rasenden Tanze ab und sinken in Ermattung. Die Grazien bemächtigen sich der Verwundeten und suchen, indem sie die Trunkenen zu Paaren fügen, sie mit sanfter Gewalt nach dem Hintergrund zu zu zerstreuen. Dort nach den verschiedensten Richtungen hin entfernen sich [zum Teil auch von der Höhe herab durch die Amoretten verfolgt] die Bacchanten, Faunen, Satyren, Nymphen und
Jünglinge. Ein immer dichterer rosiger Duft senkt sich herab; in ihm verschwinden zunächst die Amoretten; dann bedeckt er den ganzen Hintergrund, so daß endlich, außer Venus und Tannhäuser, nur noch die drei Grazien sichtbar zurückbleiben. Diese wenden sich jetzt nach dem Vordergrunde zurück; in anmutigen Verschlingungen nahen sie sich Venus, ihr gleichsam von dem Siege berichtend, den sie über die wilden Leidenschaften der Untertanen ihres Reiches gewonnen.

Venus blickt dankend zu ihnen.

Gesang der Sirenen
Naht euch dem Strande,
naht euch dem Lande,
wo in den Armen
glühender Liebe
selig Erbarmen
still' eure Triebe!

Der dichte Duft im Hintergrunde zerteilt sich; ein Nebelbild zeigt die Entführung der Europa, welche auf dem Rücken des mit Blumen geschmückten weißen Stieres, von Tritonen und Nereiden geleitet, durch das blaue Meer dahinfährt. Der rosige Duft schließt sich wieder, das Bild verschwindet, und die Grazien deuten nun durch einen anmutigen Tanz den geheimnisvollen Inhalt des Bildes, als ein Werk der Liebe, an. Von neuem teilt sich der Duft. Man erblickt in sanfter Mondesdämmerung Leda, am Waldteiche ausgestreckt; der Schwan schwimmt auf sie zu und birgt schmeichelnd seinen Hals an ihrem Busen. Allmählich verbleicht auch dieses Bild. Der Duft verzieht sich endlich ganz, und zeigt die ganze Grotte einsam und still. Die Grazien neigen sich lächelnd vor Venus, und entfernen sich langsam nach der Seiten-Grotte. Tiefste Ruhe. Unveränderte Gruppe der Venus und Tannhäusers.

Zweite Szene

Tannhäuser zuckt mit dem Haupte empor, als fahre er aus einem Traume auf. - Venus zieht ihn schmeichelnd zurück. - Tannhäuser führt die Hand über die Augen, als ob er ein Traumbild festzuhalten suche.

Venus
Geliebter, sag, wo weilt dein Sinn?

Tannhäuser
Zu viel! Zu viel! O, daß ich nun erwachte!

Venus
Sprich, was kümmert dich?

Tannhäuser
Im Traum war mir's als hörte ich -
was meinem Ohr so lange fremd!
als hörte ich der Glocken froh Geläute; -
O, sag! Wie lange hört' ich's doch nicht mehr?

Venus
Wohin verlierst du dich? Was ficht dich an?

Tannhäuser
Die Zeit, die hier ich weil',
ich kann sie nicht ermessen: -
Tage, Monde - gibt's für mich nicht mehr,
denn nicht mehr sehe ich die Sonne,
nicht mehr des Himmels freundliche Gestirne; -
den Halm seh' ich nicht mehr, der frisch ergrünend
den neuen Sommer bringt; - die Nachtigall
nicht hör' ich mehr, die mir den Lenz verkünde: -
hör'ich sie nie, seh' ich sie niemals mehr?

Venus
Ha! Was vernehm ich? Welche tör'ge Klagen!
Bist du so bald der holden Wunder müde,
die meine Liebe dir bereitet? - Oder
wie? Reut es dich so sehr, ein Gott zu sein?
Hast du so bald vergessen, wie du einst
gelitten, während jetzt du dich erfreust? -
Mein Sänger, auf! Ergreife deine Harfe!
Die Liebe feire, die so herrlich du besingst,
daß du der Liebe Göttin selber dir gewannst!
Die Liebe feire, da ihr höchster Preis dir ward!

Tannhäuser [zu einem plötzlichen Entschlusse rmannt, nimmt die Harfe und stellt sich feierlich vor Venus hin]
Dir töne Lob! Die Wunder sei'n gepriesen,
die deine Macht mir Glücklichem erschuf!
Die Wonnen süß,die deiner Huld entsprießen,
erheb' mein Lied in lautem Jubelruf!
Nach Freude, ach! nach herrlichem Genießen
verlangt' mein Herz, es dürstete mein Sinn:
da, was nur Göttern einstens du erwiesen,
gab deine Gunst mir Sterblichem dahin. -
Doch sterblich, ach! bin ich geblieben,
und übergroß ist mir dein Lieben;
wenn stets ein Gott genießen kann,
bin ich dem Wechsel untertan;
nicht Lust allein liegt mir am Herzen,
aus Freuden sehn' ich mich nach Schmerzen:
aus deinem Reiche muß ich fliehn, -
o Königin, Göttin! Laß mich ziehn!

Venus [noch auf ihrem Lager]
Was muß ich hören! Welch ein Sang!
Welch trübem Ton verfällt dein Lied!
Wohin floh die Begeistrung dir,
die Wonnesang dir nur gebot?
Was ist's? Worin war meine Liebe lässig?
Geliebter, wessen klagest du mich an?

Tannhäuser [zur Harfe]
Dank deiner Huld! Gepriesen sei dein Lieben!
Beglückt für immer, wer bei dir geweilt!
Beneidet ewig, wer mit warmen Trieben
in deinen Armen Götterglut geteilt!
Entzückend sind die Wunder deines Reiches,
den Zauber aller Wonnen atm' ich hier;
kein Land der weiten Erde bietet Gleiches,
was sie besitzt, scheint leicht entbehrlich dir.
Doch ich aus diesen ros'gen Düften
verlange nach des Waldes Lüften,
nach unsres Himmels klarem Blau,
nach unsrem frischen Grün der Au,
nach unsrer Vöglein liebem Sange,
nach unsrer Glocken trautem Klange: -
Aus deinem Reiche muß ich fliehn, -
O Königin, Göttin! Laß mich ziehn!

Venus [leidenschaftlich aufspringend]
Treuloser! Weh! Was lässest du mich hören?
Du wagest meine Liebe zu verhöhnen?
Du preisest sie und willst sie dennoch fliehn?
Zum Überdruß ist mir mein Reiz gediehn?

Tannhäuser
O schöne Göttin! Wolle mir nicht zürnen!
Dein übergroßer Reiz ist's, den ich meide.

Venus
Weh dir! Verräter! Heuchler! Undankbarer!
Ich lass' dich nicht! Du darfst von mir nicht ziehn!

Tannhäuser
Nie war mein Lieben größer, niemals wahrer,
als jetzt, da ich für ewig dich muß fliehn!

Venus hat mit heftiger Gebärde ihr Gesicht, von ihren Händen
bedeckt, abgewandt. Nach einem Schweigen wendet sie es lächelnd und mit
verführerischem Ausdrucke Tannhäuser wieder zu.

Venus [mit leiser Stimme beginnend]
Geliebter, komm! Sieh dort die Grotte,
von ros'gen Düften mild durchwallt!
Entzücken böt selbst einem Gotte
der süß'sten Freuden Aufenthalt:
besänftigt auf dem weichsten Pfühle
flieh' deine Glieder jeder Schmerz,
dein brennend Haupt umwehe Kühle,
wonnige Glut durchschwell' dein Herz.
Aus holder Ferne mahnen süße Klänge,
daß dich mein Arm in trauter Näh' umschlänge:
von meinen Lippen schlürfst du Göttertrank,
aus meinen Augen strahlt dir Liebesdank: -
ein Freudenfest soll unsrem Bund entstehen,
der Liebe Feier laß uns froh begehen!
Nicht sollst du ihr ein scheues Opfer weihn, -
nein! - mit der Liebe Göttin schwelge im Verein.

Sirenen [aus weiter Ferne, unsichtbar]
Naht euch dem Strande,
naht euch dem Lande!

Venus [Tannh&aumluser sanft nach sich ziehend]
Mein Ritter! Mein Geliebter! Willst du fliehn?

Tannhäuser [auf das Äußerste hingerissen,
greift mit trunkener Gebärde in die Harfe]

Stets soll nur dir, nur dir mein Lied ertönen!
Gesungen laut sei nur dein Preis von mir!
Dein süßer Reiz ist Quelle alles Schönen,
und jedes holde Wunder stammt von dir.
Die Glut, die du mir in das Herz gegossen,
als Flamme lodre hell sie dir allein!
Ja, gegen alle Welt will unverdrossen
fortan ich nun dein kühner Streiter sein. -
Doch hin muß ich zur Welt der Erden,
bei dir kann ich nur Sklave werden;
nach Freiheit doch verlange ich,
nach Freiheit, Freiheit dürstet's mich;
zu Kampf und Streite will ich stehen,
sei's auch auf Tod und Untergehen: -
drum muß aus deinem Reich ich fliehn, -
O Königin, Göttin! Laß mich ziehn!

Venus [im heftigstem Zorne]
Zieh hin, Wahnsinniger, zieh hin!
Verräter, sieh, nicht halt' ich dich!
Ich geb' dich frei, - zieh hin! zieh hin!
Was du verlangst, das sei dein Los!
Hin zu den kalten Menschen flieh,
vor deren blödem, trübem Wahn
der Freude Götter wir entflohn
tief in der Erde wärmenden Schoß.
Zieh hin, Betörter! Suche dein Heil,
suche dein Heil - und find es nie!
Bald weicht der Stolz aus deiner Seel',
demütig seh' ich dich mir nahn, -
zerknirscht, zertreten suchst du mich auf,
flehst um die Zauber meiner Macht.

Tannhäuser
Ach, schöne Göttin, lebe wohl!
Nie kehre ich zu dir zurück.

Venus [verzweiflungsvoll]
Ha, kehrtest du mir nie zurück! . . .
Kehrst du nicht wieder, ha! so sei verfluchet
von mir das ganze menschliche Geschlecht!
Nach meinen Wundern dann vergebens suchet!
Die Welt sei öde, und ihr Held ein Knecht! -
Kehr wieder! Kehre mir zurück!

Tannhäuser
Nie mehr erfreu' mich Liebesglück!

Venus
Kehr wieder, wenn dein Herz dich zieht!

Tannhäuser
Für ewig dein Geliebter flieht!

Venus
Wenn alle Welt dich von sich stößt? -

Tannhäuser
Vom Bann werd' ich durch Buß' erlöst.

Venus
Nie wird Vergebung dir zuteil, -
Kehr wieder, schließt sich dir das Heil!

Tannhäuser
Mein Heil! mein Heil ruht in Maria!

Furchtbarer Schlag. Venus ist verschwunden.

Dritte Szene

Tannhäuser steht plötzlich in einem schönen Tale, über ihm blauer Himmel. Rechts im Hintergrunde die Wartburg, links in größerer Ferne der Hörselberg.

Rechter Hand führt auf der halben Höbe des Tales ein Bergweg nach dem Vordergrunde zu, wo er dann seitwärts abbiegt; in demselben Vordergrunde ist ein Muttergottesbild, zu welchem ein niedriger Bergvorsprung hinaufführt.

Von der Höhe links vernimmt man das Geläute von Herdenglocken; auf einem hohen Vorsprunge sitzt ein junger Hirt mit der Schalmei und singt.

Hirt
Frau Holda kam aus dem Berg hervor,
zu ziehen durch Flur und Auen;
gar süßen Klang vernahm da mein Ohr,
mein Auge begehrte zu schauen: -
da träumt' ich manchen holden Traum,
und als mein Aug' erschlossen kaum,
da strahlte warm die Sonnen,
der Mai, der Mai war kommen.
Nun spiel' ich lustig die Schalmei: -
der Mai ist da, der liebe Mai!

Er spielt auf der Schalmei. Man hört den Gesang der älteren Pilger, welche, von der Richtung der Wartburg her kommend, den Bergweg rechts entlang ziehen.

Gesang der Älteren Pilger
Zu dir wall' ich, mein Jesus Christ,
der du des Sünders Hoffnung bist!
Gelobt sei, Jungfrau süß und rein,
der Wallfahrt wolle günstig sein! -
Ach, schwer drückt mich der Sünden Last,
kann länger sie nicht mehr ertragen;
drum will ich auch nicht Ruh noch Rast,
und wähle gern mir Müh' und Plagen.
Am hohen Fest der Gnadenhuld
in Demut sühn' ich meine Schuld;
gesegnet, wer im Glauben treu:
er wird erlöst durch Buß' und Reu'.

Der Hirt, der fortwährend auf der Schalmei gespielt hat, hält ein, als der Zug der Pilger auf der Höhe ihm gegenüber ankommt.

Hirt [den Hut schwenkend und den Pilgern laut zurufend]
Glück auf! Glück auf nach Rom!
Betet für meine arme Seele!

Tannhäuser [tief ergriffen auf die Knie sinkend]
Allmächt'ger, dir sei Preis!
Hehr sind die Wunder deiner Gnade.

Der Zug der Pilger entfernt sich immer weiter von der Bühne, so daß der Gesang allmählich verhallt.

Pilgergesang
Zu dir wall' ich, mein Jesus Christ,
der du des Pilgers Hoffnung bist!
Gelobt sei, Jungfrau süß und rein,
der Wallfahrt wolle günstig sein!

Tannhäuser [als der Gesang der Pilger sich hier etwas verliert, singt, auf den Knien, wie in brünstiges Gebet versunken, weiter]
Ach,schwer drückt mich der Sünden Last,
kann länger sie nicht mehr ertragen;
drum will ich auch nicht Ruh noch Rast
und wähle gern mir Müh' und Plagen.

Tränen ersticken seine Stimme; man hört in weiter Ferne den Pilgergesang fortsetzen bis zum letzten Verhallen, während sich aus dem tiefsten Hintergrunde, wie von Eisenach herkommend, das Geläute von Kirchglocken vernehmen läßt. Als auch dieses schweigt, hört man von links immer näher kommende Hornrufe.

Vierte Szene

Von der Anhöhe links herab aus einem Waldwege treten der Landgraf und die Sänger in Jägertracht einzeln auf. Im Verlaufe der Szene findet sich der ganze Jagdtroß des Landgrafen nach und nach auf der Bühne ein.

Landgraf
Wer ist der dort im brünstigen Gebete?

Walther
Ein Büßer wohl.

Biterolf
Nach seiner Tracht ein Ritter.

Wolfram [der auf Tannhäuser zugegangen ist und ihn erkannt hat]
Er ist es!

Die Sänger und der Landgraf
Heinrich! Heinrich! Seh' ich recht?

Tannhäuser, der überrascht schnell aufgefahren ist, ermannt sich und verneigt sich stumm gegen den Landgrafen, nachdem er einen flüchtigen Blick auf ihn und die Sänger geworfen.

Landgraf
Du bist es wirklich? Kehrest in den Kreis
zurück, den du in Hochmut stolz verließest?

Biterolf
Sag, was uns deine Wiederkunft bedeutet?
Versöhnung? Oder gilt's erneutem Kampf?

Walther
Nahst du als Freund uns oder Feind?

Die anderen Sänger ausser Wolfram
Als Feind?

Wolfram
O fraget nicht! Ist dies des Hochmuts Miene? -
Gegrüßt sei uns, du kühner Sänger,
der, ach! so lang' in unsrer Mitte fehlt!

Walther
Willkommen, wenn du friedlich nahst!

Biterolf
Gegrüßt, wenn du uns Freunde nennst!

Alle Sänger
Gegrüßt! Gegrüßt! Gegrüßt sei uns!

Landgraf
So sei willkommen denn auch mir!
Sag an, wo weiltest du so lang?

Tannhäuser
Ich wanderte in weiter, weiter Fern', -
da, wo ich nimmer Rast noch Ruhe fand.
Fragt nicht! Zum Kampf mit euch nicht kam ich her.
Seid mir versöhnt, und laßt mich weiterziehn!

Landgraf
Nicht doch! Der Unsre bist du neu geworden.

Walther
Du darfst nicht ziehn.

Biterolf
Wir lassen dich nicht fort.

Tannhäuser
Laßt mich! Mir frommet kein Verweilen,
und nimmer kann ich rastend stehn;
mein Weg heißt mich nurvorwärts eilen,
denn rückwärts darf ich niemals sehn.

Der Landgraf und die Sänger
O bleib, bei uns sollst du verweilen,
wir lassen dich nicht von uns gehn.
Du suchtest uns, warum enteilen
nach solchem kurzen Wiedersehn?

Tannhäuser [sich losreißend]
Fort! Fort von hier!

Die Sänger
Bleib! Bleib bei uns!

Wolfram [Tannhäuser in den Weg tretend, mit erhobener
Stimme]

Bleib bei Elisabeth!

Tannhäuser [heftig und freudig ergriffen]
Elisabeth! O Macht des Himmels,
rufst du den süßen Namen mir?

Wolfram
Nicht sollst du Feind mich schelten, daß ich ihn genannt! -
Erlaubest du mir, Herr, daß ich
Verkünder seines Glücks ihm sei?

Landgraf
Nenn ihm den Zauber, den er ausgeübt, -
und Gott verleih ihm Tugend,
daß würdig er ihn löse!

Wolfram
Als du in kühnem Sange uns bestrittest,
bald siegreich gegen unsre Lieder sangst,
durch unsre Kunst Besiegung bald erlittest:
ein Preis doch war's, den du allein errangst.
War's Zauber, war es reine Macht,
durch die solch Wunder du vollbracht,
an deinen Sang voll Wonn' und Leid
gebannt die tugendreichste Maid?
Denn, ach! als du uns stolz verlassen,
verschloß ihr Herz sich unsrem Lied;
wir sahen ihre Wang' erblassen,
für immer unsren Kreis sie mied. -
O kehr zurück, du kühner Sänger,
dem unsren sei dein Lied nicht fern. -
Den Festen fehle sie nicht länger,
aufs neue leuchte uns ihr Stern!

Die Sänger
Sei unser, Heinrich! Kehr uns wieder!
Zwietracht und Streit sei abgetan!
Vereint ertönen unsre Lieder,
und Brüder nenne uns fortan!

Tannhäuser [innig gerührt, umarmt Wolfram und die
Sänger mit Heftigkeit]

Zu ihr! Zu ihr! O, führet mich zu ihr!
Ha, jetzt erkenne ich sie wieder,
die schöne Welt, der ich entrückt!
Der Himmel blickt auf mich hernieder,
die Fluren prangen reich geschmückt.
Der Lenz mit tausend holden Klängen
zog jubelnd in die Seele mir;
in süßem, ungestümem Drängen
ruft laut mein Herz: zu ihr, zu ihr!

Landgraf und die Sänger
Er kehrt zurück, den wir verloren!
Ein Wunder hat ihn hergebracht.
Die ihm den Uebermut beschworen,
gepriesen sei die holde Macht!
Nun lausche unsren Hochgesängen
von neuem der Gepries'nen Ohr'!
Es tön in frohbelebten Klängen
das Lied aus jeder Brust hervor!

Der ganze Jagdtroß hat sich im Tale versammelt. Der Landgraf stoßt in sein Horn: laute Hornrufe der Jäger antworten ihm. Der Landgraf und die Sänger besteigen Pferde, welche man ihnen von der Wartburg her entgegengeführt hat.

Der Vorhang fällt.